Im kleinen Fischerdorf Bai Xep lassen wir noch einmal die Seele baumeln, in dem wir einen ganzen Tag unter einem Pavillon am Meer sitzen.

Mit dem Bus fahren wir einen weiteren Reisetag Richtung Norden.

Auf Empfehlung, von einem Typen, den wir in Bai Xep am Grillabend kennengelernt haben, entscheiden wir uns im „Dream City Hotel“ zu übernachten. Wir kommen also abends in Hoi An an und der Guide meint freundlich: „Ah ja, dieses Hotel ist ganz in der Nähe. Ihr könnt gut laufen.“
Nachdem wir uns nur einmal verirrt haben, finden wir nach einer gefühlten Ewigkeit die richtige verwinkelte Gasse. Vielleicht 20m vor dem Hotel mache ich einen Misstritt, knicke neben einem Kleiderladen in meinem rechten Fussgelenk ein und werde sogleich von dem Rucksack über mir runtergerissen und von dem Rucksack an meiner Brust ausgeknockt. So muss es sich anfühlen, wenn man vom Erdboden verschluckt wird. Nur das jener, mich unsanft fängt. Als Stephen und zwei Frauen aus dem Laden mich aus dem Rucksackhaufen gebergt haben, ärgere ich mich über diesen unnötigen Unfall. Nachdem sich alle sicher sind, dass mir nichts fehlt, wollen die zwei Frauen mir auch schon ihre Kleider andrehen. Die Hosen sind hin, doch ich möchte sowieso nicht zu viele Kleider heim tragen. Wegen der Verletzung an meinem Knie, habe ich schliesslich gar nichts von diesem „ach so tollen Swimming Pool“.
Doch wie könnte man sich besser über ein aufgeschürftes Knie hinweg trösten, als mit einem süssen Tier zum streicheln? Mit 73 Katzen natürlich.
Wir besuchen Jack’s Cat Café. Ein Heim für Katzen, die niemanden haben. Während drei Stunden am Tag darf eine bestimmte Anzahl Gäste die verschmusten Tiere besuchen und im Café zu Mittag essen. Die Katzen werden medizinisch versorgt und an neue, sichere Zuhause vermittelt. Zudem klärt das Tierheim auch über den Katzenschwarzmarkt auf, wobei immer wieder Streuner und Hauskatzen entführt werden und in der Fleischindustrie landen. Die Geschichte der Besitzer berührt uns sehr und ich würde am liebsten die Hälfte der Kätzchen adoptieren.
Da wir beide etwas erkältet sind und uns das ständige Reisen langsam zusetzt, entscheiden wir uns die letzten fünf Tage in Hoi An zu bleiben anstatt jeden Tag eine Etappe weiter Richtung Hanoi zu fahren.
Nach zwei Nächten ziehen wir für unsere letzten Tage zu Bi. Dort fühlen wir uns sofort zuhause. Die zwei Schwestern an der Rezeption bringen uns immer wieder zum Lachen mit ihren Scherzen und auch die Besitzerin, Bi, kümmert sich rührend um uns, in dem sie mir zum Beispiel ein Ingwer-Zitronentee macht, als ich wegen Halsweh klage.
Wir entschieden uns für Bi’s House Homestay, da wir unser Budget schonen wollen. Bei der Buchung auf Bookings gab es aber einen Fehler und so stecken sie uns für die fünf Tage in ein grosses Familienzimmer. War echt okay!


Nicht nur haben wir ein riesiges Zimmer und die schönste Aussicht, auch haben wir ein tolles, lokales, vegetarisches Restaurant nebenan. Das „Am Vegetarian Restaurant“

Hoi An hat einfach alles. Endlose Reisfelder, einen traumhaften Strand und eine wunderschöne Altstadt am Fluss, die mit ihren zahlreichen Kanälen und Laternen als UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Wir verlieben uns sofort in diese Stadt.

Dieses rosa Konstrukt, auch genannt „Die Japanische Brücke“, steht zwischen uns und unserem Frühstück. Für das Überqueren der gerade mal 5m langen Brücke will der Wachmann tatsächlich ein Ticket sehen. Wir nehmen schliesslich die Betonbrücke 30m weiter Flussabwärts, gratis.
Ein paar Mal setzen wir uns einfach vom Morgen bis am Abend ans Meer und tanken die letzten Sonnenstrahlen vor der grossen Heimreise auf.
Unser letzter Tag in Hoi An ist ein Feiertag. Vollmond und Laternenfest.
Die ganze Altstadt leuchtet in wunderschönen Farben der vielen Laternen. Sogar in den Kanälen lassen die Leute Laternen schwimmen und wünschen sich etwas für sich und ihre Liebsten. Vietnam ist vielleicht zu 98% atheistisch, doch sind die Leute sehr abergläubisch. An Vollmond sieht man viele Menschen, die vor ihrem Haus ein Feuer anzünden und falsches Geld und Bilder von Möbeln und Kleider darin verbrennen für mehr Wohlstand. Auch räuchern sie ihre Wohnungen aus um böse Geister zu vertreiben und stellen grosse Mengen an Essen für ihre Verstorbenen vor die Haustür .
Bi lädt uns und die anderen Bewohner am Mittag zu einem riesigen vegetarischen Festmahl ein. Als wir vor Nuddeln und Reis und verschiedensten „Mock Meats“ schon fast platzen, bittet Bi uns, wie eine liebe Grossmutter, noch mehr zu essen. Abgesehen von vietnamesischer Gastfreundschaft und lokalen Spezialitäten lernen wir auch ein paar sehr interessante Bewohner kennen. Darunter die Autorin Lauretta, die uns einen Spruch auf den Weg gibt, der uns in den kommenden Tagen so einigen Trost geben wird.
„Bad for Laurettta- Good for the story.“
Egal was alles schief geht, immerhin gibt es am Ende eine gute Geschichte zu erzählen.
Wir denken daran, als wir den Nachtbus betreten und feststellen, dass die „Betten“ drei Reihen von doppelstöckigen, zu kurz geratenen Zahnarztstühlen sind. Wir denken daran, als uns Bange wird beim Beobachten des schläfrigen Busfahrers am Steuer. „Gute Geschichte“ Seufzt Stephen, als wir irgendwo anhalten, alle aussteigen müssen, niemand weiss, was los ist und wir dreiviertel Stunden in der prallen Sonne warten. „Bad for Lauretta“ denke ich, als der Busfahrer Nummer Zwei während dem Fahren durch den Vietnamesischen Verkehr auf einen kleinen Fernseher schaut anstelle der Strasse. Wir schlafen wenig und dass nicht nur weil es kalt ist und der Bus stinkt, da der Fahrer ununterbrochen raucht. Etwas vor 6:00 Uhr erreichen wir steif und erschöpft das neblige Hanoi und warten am Flughafen vier Stunden auf unseren Flug. Eigentlich sind wir nervös, aber als das Flugzeug abhebt treffen sich nur noch zwei schläfrige Blicke und bis kurz vor der Landung dösen wir beide endlich in einem etwas erholsameren Schlaf.
Als wir unser Gepäck vom Band holen, sehe ich, dass mein Rucksack offen ist und erkenne sofort was fehlt. Mein geliebtes Lila Kleid. (Siehe Katzenbild oben).
Wut steigt in mir auf und ich verfluche Lauretta heimlich ein wenig.
Als wir nach einer mehr als 24h langen Reise endlich im Hostel in Bangkok ankommen, bin ich nur erleichtert alles überstanden zu haben.
Nach einer grossen Portion Carbonara und einer warmen Dusche muss ich der Frau aber zustimmen. In diesem halben Jahr erlebten wir viele Abenteuer und das vor allem auch deswegen, weil vieles nicht nach Plan ging.
Und ich muss lächeln, denn es war ein tolles halbes Jahr.