Hallo Vietnam: Das Batmobil und kalte Wonnen

Nach einer schier endlosen Reise mit dem öffentlichen Bus erreichen wir schliesslich Ho Chi Minh City / Saigon. Eine Stadt, so gross, dass der Bus eine Stunde durch die Stadt fährt, bis wir die Bushaltestelle erreichen. Stephen muss konstant fast kotzen und ich habe elende Kopfschmerzen und Schwindel. Wir schleppen uns aus dem Bus. Wir haben noch keine Sim-Karte und finden das Hotel auf der Karte nicht. Plötzlich steht ein Taxifahrer neben uns. Er kenne das „Khoi Hostel“ und fahre uns hin. Da wir beide zu erschöpft sind zuerst eine Sim Karte zu kaufen, steigen wir in das Taxi ein. Irgendetwas fühlt sich komisch an. Wir einigten uns darauf den Meter anzuschalten, was in Thailand stets funktioniert hat. Als wir losfahren erscheint die Zahl 10. Wir fragen verwirrt, ob das Meter schon bei 10 Dollars anfange. „Natürlich nicht!“ Versichert er uns mit einem komischen Lächeln. Er hält für uns noch kurz beim ATM an. Während wir uns darüber unterhalten wie viel 2’000’000 Dong wert haben, sehen wir auf Maps Me, dass er in ein anderes District fährt. Wir wissen zwar nicht wo genau unser Hostel ist, aber es ist ganz sicher in District 1 und nicht 5. Stephen spricht ihn darauf an und er meint nur knapp, dass er dort oben dann rechts fahre. Die Zahl ist mittlerweile bei 300.00. Wir sind darauf gekommen, dass das noch nicht 1 Dollar sein kann und das passt auch für die Strecke. Als wir anhalten, verlangt der Fahrer 360. Stephen will im Geld geben doch er meint kühl: „360’000 Dong.“. Wir geben ihm eine halbe Million und er gibt uns 140’000 zurück, während wir das Geld zählen und ausrechnen, dass er uns gerade 15 US Dollars abgeknöpft hat, steigt er schon wieder ins Auto und fährt los als Stephen wütend ruft: „Hey! Das sind 15 Dollars, das ist viel zu viel!!“ Und schon ist der kleine Mistkerl auf und davon. Als wir müde beim Hotel ankommen, erklärt uns der nette Mann an der Rezeption, dass das jeden Tag passiere. Taxifahrer nutzen die Erschöpfung der Weitgereisten und die Unsicherheit wegen der neuen Währung aus. Und nicht nur, dass er uns viel zu viel verlangt hat, er fuhr mit uns absichtlich eine grosse Schlaufe, denn die Bushaltestelle sei nur 5 Minuten (zu FUSS!) vom Hostel entfernt. Als wir uns dann mit dem Wifi verbinden, bekommen wir all das noch schriftlich als Warnung in einem E-Mail von unserem Hostel. „Dear Guests, please do not take a taxi at the bus station. It’s a scam.“ Hätten wir die E-Mail doch nur am Morgen noch bekommen vor der langen Fahrt über die Grenze. Wütend, erschöpft und krank lassen wir uns das Zimmer von dem netten jungen Typen zeigen. Vollbepackt schleppen wir uns erst eine, dann zwei, dann drei und schliesslich VIER Treppen hoch.

Timing kann so eine wichtige Sache sein. Hätten wir die E-Mail am Morgen eine Stunde früher noch im Hotel erhalten, hätten wir uns den ganzen Ärger mit diesem Ganoven erspart und wären wir in irgend einem der anderen Hostels vorher oder nachher krank gewesen, hätten wir einen Lift oder keine Treppen gehabt. Aber an Herausforderungen wächst man und aus Fehlern lernt man gewöhnlich am besten.

 

Ja, Pikachu reist immmer noch mit

 

Die mühsamen Ab- und AUFstiege haben sich aber durchaus gelohnt. Diese Grossstadt im Süden von Vietnam steckt voller Leben und es gibt so viel zu entdecken. Nachdem wir uns an unserem ersten Abend nach der Reise etwas im Zimmer erholten, sprich ich fiel in Kleidern aufs Bett und schlief drei Stunden durch, spazieren wir nun durch District 1. Das Backpacker District ist bunt und chaotisch, was für unseren Zustand etwas zu viel ist Wir finden eine kleine Saftbar und ich trinke einen frischen Passionsfruchtsaft, der mich wenigstens ein wenig zum Leben erweckt. Danach essen wir bei Vittorio, einem kleinen italienischen Restaurant an einer befahrenen Strasse. Nach einer heilenden Minestrone geht es dann leider schon zurück ins Krankenbett.

Am nächsten Tag, schleppen wir uns zur Apotheke. Ich erkläre der freundlichen Apothekerin Stephen’s Beschwerden. Sofort fragt sie „Do you have pregnant?“. „Nein, nein, es ist für ihn!“ Und ich zeige auf den bleichen Stephen. Am Ende haben wir irgend ein Mentol Gelee, wo hinten dick drauf steht: „Geeignet bei Schwangerschaft“. Aber es half.

Nun zurück zum „aus Fehlern lernen“. Wir lassen uns am Abend von den drei jungen Vietnamesen an der Rezeption erklären, wie diese trendige App funktioniert, die hier einfach alle haben. Im Grunde ist sie wie „Uber“, man kann Taxis, Privatfahrzeuge und Motorräder, die gerade in der Nähe sind, bestellen und sich so günstig und sicher durch die Stadt fortbewegen. Ich nenne sie die „Batmobil-App“, im Store findet man sie unter „Grab“.

 

Red Bat Dom und Super Steve rufen ein Batmobil in Saigon

 

Ein etwas schüchterner, aber unglaublich netter, älterer Mann, hält kurz darauf an der Strasse an und winkt uns mit seinem Smartphone zu. Darauf heisst es „Stephen“ und zeigt den selben Ausschnitt der Karte, den auch wir vor uns haben. Für 1.50 CHF (inklusive Trinkgeld) lassen wir uns 3km weit durch die Stadt zu einem vegetarischen Restaurant fahren.

Im „Organik House“ gibt es aus fünf biologische Menüs auszuwählen, die jeden Tag neu zusammengestellt werden. Es tut gut wieder einmal etwas ganz simples zu Essen.

 

 

Danach laufen wir durch die hellen, gut strukturierten und recht sauberen Strassen der modernen Grossstadt zum Hardrock Café, welches mit seiner Lage und der Einrichtung das bisher coolste von allen in Südostasien ist. Als die Live Band dann plötzlich von „Satisfaction“ von den Rolling Stones rapide zu „Waka Waka“ von Shakira wechselt, verliert der Schuppen an Charme und wir gehen heim.

Kurz vor dem Hostel motiviert uns ein süsser Hund unsere ersten Wörter auf Vietnamesisch zu lernen. Er fängt an das Eis mit seiner kleinen Zunge abzuschlecken.

 

Als ich meine Kamera parat habe, pinkelt der kleine Kerl an das frische Eis

Kông da = kein Eis

 

Am nächsten Tag treffen wir uns wieder mit der Stray Gruppe und reisen gemeinsam 6 Stunden in den Norden. Als wir kurz vor Da Lat in einem Nationalpark anhalten und aus dem Bus steigen, können wir es kaum fassen. Es ist kalt. Richtig angenehm kalt, man schwitzt nicht, man kann sich bewegen, richtig atmen und leben! Der grösste Teil der Gruppe löst sich ein Ticket für die vietnamesische Rodelbahn, Stephen und ich entscheiden uns zu laufen. Nach den ersten paar Metern falle ich fast hin und einer meiner geliebten Regenbogen Flip Flops reist. Aber von so einer Kleinigkeit lässt sich keine Schweizerin um eine Wanderung bringen. (Zugegeben waren die 20 Minuten zum Wasserfall laufen auch barfuss sehr gut machbar.) Auf halbem Weg kreuzen wir die Rodelbahn und sehen eine Gruppe Chinesen, die auf fünf oder sechs Schlitten dicht aneinander fahren, oder mehr langsam vor sich hin schleifen. Die Vorderste von ihnen trägt einen Selfie-Stick mit dem sie filmt. Als die Gruppe nach einer Kurve beinahe zum Stehen kommt, wissen wir warum wir laufen und sind erleichtert, als der Rodler nach ihnen gerade noch rechtzeitig anhält. Wer von uns am Ende vorher beim Wasserfall ankam, weiss ich nicht mehr.

 

 

Nach dem Wasserfall fahren wir noch ca. 20 Minuten weiter nach Da Lat, die Stadt der Blumen, oder auch genannt „Honey Moon City“.

 

 

Stray hat für uns ein Zimmer in einem kleinen Hotel gebucht für 15 CHF die Nacht. Im Thoi Da geht es uns richtig gut, wir haben einen kleinen Balkon und je ein Queensize Bett und erfreuen uns über die angenehm kühlen Temperaturen. Freudig packe ich mich in Pulli, Socken und Schal. Fit und wieder munter spazieren wir durch die Gassen von Da Lat, die teilweise ein wenig an Italien erinnern und finden eine Pizzeria. (Italienisch hat sich für unsere Mägen die letzten Tage bewährt).

Am nächsten Tag machen wir einen grossen Spaziergang durch den Regen, entlang des kitschigen Sees auf dem man in kleinen schwanen-förmigen Pedalos fahren kann und durch grüne, blumige Pärke. Wir finden das „Brew and Breakfast“, ein veganes Gästehaus, wo wir freundlich willkommen geheissen werden und uns neben einem kleinen Dackel an einer köstlichen, heissen Schokolade wärmen.

 

 

Am Abend gehen wir durch die autofreie Zone, die jedes Wochenende von 19:00 Uhr bis 22:00 Uhr im Zentrum von Da Lat ist und essen Indisch im „Ganesh“. Nach dem köstlich milden Essen (wirklich!) gehen wir zu der sagenumwobenen „Maze Bar“. Der Name hier ist Programm. Am Eingang kann man sich etwas zu Trinken bestellen und macht sich dann auf in das Labyrinth. Mit viel Liebe zum Detail fühlt es sich an, als würde man alte Tempel erkunden. Es ist dunkel, manchmal eng und die Musik wird immer leiser, desto tiefer man sich begibt. Es scheint kein Ende zu nehmen. Treppen führen runter und hinauf, dunkle Gänge gabeln sich und wir bekommen langsam Angst, dass wir nie wieder herausfinden und kehren um. Wir treffen einen Neuseeländer, der auch bei „Brew and Breakfast“ war und erfahren, dass man angeblich eine ganze Stunde durch das Labyrinth irren kann, ohne zweimal die selbe Treppe zu nehmen. Wie viele Betrunkene da wohl schon die ein oder andere ungemütliche Nacht verbracht haben?

Schweren Herzens, aber mit felsenfester Überzeugung eines baldigen Tages zurück zu kehren, verlassen wir die wunderschöne Stadt und begeben uns wieder in wärmere Gegenden Richtung Zentralvietnam.

Da schlägt das Schweizer Herz höher: BERGE!

 

Schliesslich, nach einem weiteren langen Tag im Bus, kommen wir in Bai Xep an.

 

Bai Xep, ein kleines Fischerdorf am Meer

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