Abschied von Kambodscha

Es ist verrückt wie schnell die zeit manchmal vergeht. Vier Monate war- warte Vier? Ja! VIER Monate war Kambodscha mein zuhause. Drei davon lebte ich in Otres Village mit Stephen am Meer. Zwei davon arbeiteten wir als Manager im Dschungel. Einer davon arbeitete ich zusätzlich noch in einem veganen Café in Sihanoukville. Jeder Tag war besonders, und gehörte doch plötzlich zu einer Art Routine, wie man es nur erlebt, wenn man an einem Ort zuhause ist.

Und wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Kambodscha zu einem neuen Zuhause für mich wird? Kambodscha als Land war für mich gar kein Begriff. Ich lernte vor unserer Abreise, dass diese alten Tempel da im Urwald (Ankor Wat oder so?) in Kambodscha sind. Und dass meine Kindheitsheldin Lara Croft ein paar ziemlich coole Stunts dort gemacht hat. Auf Google Maps sah ich, dass wir auf unserer geplanten Route erst in Kambodscha nach zwei Monaten das Meer wiedersehen würden. Abgesehen davon war Kambodscha zu unterst auf meiner Liste. Ich wusste zu wenig. Einfach ein kleines Land zwischen Thailand und Vietnam.

Als wir schliesslich an der Grenze von Laos nach Kambodscha zum ersten Mal aus dem Bus stiegen, dachte ich bloss „Oh diese Hitze, das hält doch kein Mensch aus!“.

Trotz Hitze, fand ich in Siem Reap die Motivation bei Sonnenaufgang aufzustehen um dann den ganzen Tag draussen Yoga zu machen. In der prallen Sonne bestaunten wir die uralten Tempelanlagen von Ankor, (wobei Ankor Wat tatsächlich nur eine von 1000 Tempelstädten ist).

Nach drei Tagen auf der paradiesischen Insel Koh Rong fuhren wir spontan zu einem sich etwas ausserhalb befindenden Hostel 20km östlich von Sihanoukville. Und blieben dort. Gute drei Monate.

Wir hatten viele gute Tage in Kambodscha.

Was ein guter Tag für Oreo ist, wisst Ihr ja schon. 😉

Ein guter Tag für mich in Kambodscha ist… ein sonniger Tag, mit leichter Brise. Ein Tag ohne Stromausfall, mit fliessendem Wasser. Ein Tag an dem ich arbeite, aber nicht zu viel. An dem ich gefordert bin, die Gäste aber nicht nachts über den Zaun klettern oder Sturm klingeln. Ein Tag im Dschungel mit Stephen und den Hunden und Katzen und veganen Köstlichkeiten.

Ein guter Tag muss eigentlich nicht einmal ideal sein. Es kann auch ein Tag mit Stromausfall und Gewitter sein, wo Stephen, So und ich mit ein paar Kerzen an der Rezeption sitzen. Ohne Wifi. Einfach nur sitzen und dem Regen und Sturm lauschen, Goji, Kalloo und Turi bei uns. Ein guter Tag kann ohne fliessendes Wasser im Café Geschirr abspülen sein und dennoch Witze reissen mit meinen Mitarbeiterinnen. Die Leute können besonders mühsam sein, doch ich lerne dafür drei neue Rezepte im Café und geniesse meine Freizeit mit Stephen am Meer. Er kann irrsinnig heiss sein, aber enden mit einer kühlen Runde Super Mario World 3D im klimatisierten Cosmos…

Goji
Kalloo an dem einzig kühlen Morgen nach dem grossen Sturm
Sicht auf Sihanoukville (zwischen Otres 1 und 2)
vegane banana pancakes

Und plötzlich ging alles ganz schnell. Plötzlich war mein letzter Arbeitstag im veganen Café. Ich servierte meinen letzten „Make Falafel not War“-Salat, machte meinen letzten „Golden Elixir“ Smoothie, genoss ein letztes Mal das tolle Gefühl, wenn man das Eis genau an der richtigen Stelle mit dem Metallteil trifft und der Klotz dann in der Hand in Tausend Stücke zerspringt und wusch auch ein letztes buntes Porzellangeschirr in kaltem Wasser ab.

Make Falafel not War
Aussicht bei der Arbeit im Café

Mey und Neth, meine Mitarbeiterinnen, schlugen vor, zur Feier des Tages noch was trinken zu gehen. Ich half nach dem Aufräumen Mey dabei ihr Motorrad unten am Pier aus dem Gewirr von zig anderen parkierten Motorrädern zu befreien, dann fragte sie mich mit einem Strahlen, ob ich bei ihr mitfahren möchte. Ihr Motorrad ist klein und ich konnte nur mit Mühe meine Füsse hinter die ihren stellen. Ich quetschte mich hinten auf den Sitz und klammerte mich an sie wie ein Affen Junges an seine Mutter. „Yes, okay?“ fragte sie, bevor ich aber etwas dazu sagen konnte, drückte sie auch schon auf’s Gas. So fuhren wir dem Meer entlang Richtung Otres Village. Neth vor uns machte irgendwelche Faxen und May lachte laut darüber. Ich erinnere mich genau an Neth’s rotes Kleid, welches sanft im Wind flatterte und Mey’s Rossschwanz, der unsanft gegen mein Gesicht schlug und an dem ich wortwörtlich um ein Haar erstickt wäre.

Bei der grossen Baustelle verloren Mey und ich Neth. Wir waren uns nicht mehr sicher, an welchem Strand wir abgemacht hatten. Wir suchten eine Weile nach Neth, bis ich sie am Telefon erwischte. Sie sei schon lange bei der Bar. Da wir falsch abgebogen waren, mussten wir die sandige, mit Schlaglöcher übersäte Strasse fahren und ich fiel ein paar mal fast vom Motorrad. Wir hatten irrsinnig Spass. Schliesslich doch sicher angekommen, bestellten wir in einer Strandbar ein paar Bier und Pommes für mich und für meine Khmer Freundinnen einen Salat mit rohem Rindfleisch. Der Abend war gemütlich, wir redeten und schauten auf’s Meer. Ob ich denn im November für die Hochsaison schon wieder da sei?

Bei Sonnenuntergang fuhr Neth mich auf ihrem grossen Motorrad nach Hause zu Stephen.

Plötzlich waren es nur noch ein paar Stunden als Manager der Dschungel Bungalows. Wir betreuten die Gäste und arbeiteten die Neue ein. Und schliesslich gingen wir ein letztes Mal an den Otres Market. Da dort aber irgend ein Rapper auftrat flüchteten wir recht bald und holten uns eine letzte legendäre Montenara Mini-Pizza im Dorf.

Und dann war auch schon Sonntag. Unser erster freier Tag seit Wochen. Endlich wieder einmal ausschlafen… oder auch nicht. Etwas nach 9.00 Uhr klopft es nämlich an der Tür. Augustine (die Neue) hat den Excelplan nicht bekommen im Mail und das Bookings App und der handgeschriebene Plan, stimmen nicht überein. Eine Frau steht besorgt an der Rezeption. Ich klettere vom Balkon über zwei Stühle zu ihr. Ob wir denn noch ein freies Zimmer hätten? „Ich glaube nicht.“ Ich schaue trotzdem kurz nach im Laptop. „Nein tut mir leid. Wir sind komplett ausgebucht. Allgemein ist vieles voll, da der König Geburtstag hat.“ Noch etwas verschlafen erzähle ich der jungen Frau, wie Stephen und ich am Chinesischen Neujahr mit Fremden und einem Hund auf dem Sofa übernachteten. Nun bilden sich Tränen in ihren Augen. Verdammt. Augustina kocht ihr einen Kaffee und ich gebe ihr einen Hotspot und helfe ihr dabei eine Unterkunft zu finden. „Es ist ja noch früh, wir finden sicher etwas für dich“ beruhige ich sie. Und tatsächlich. Auf das Mia Mia ist wieder Verlass. Wir buchen ein Bett für sie während mehr Gäste auftauchen und sogar ehemalige Gäste, die gar nicht mehr bei uns wohnen, noch vorbei kommen. Als Stephen aufsteht, sitzt eine grosse Gruppe am Tisch und trinkt zusammen Kaffee. Schliesslich müssen wir aber ans Putzen. Die junge Frau umarmt mich, unsere Freunde verabschieden sich und die letzten Check-Outs gehen auch. Und dann putzen wir und räumen auf und putzen noch mehr. Schliesslich verabschieden wir uns von den Tieren und übergeben das Telefon, die Ordner und das Geld der neuen Managerin. Und natürlich auch diese furchtbaren Klingeldinger die uns so manche Nacht mit diesem unvergesslichen „Du Duu Duu Duuu Du“ geweckt haben.

Vibol, unser Tuktukfahrer, begleitet uns ein letztes Mal nach Sihanoukville, wo wir im veganen Café kurz zu Mittag essen. Neth schenkt mir Granola und bringt mich mit lieben Worten fast zum Weinen, während Mey mich immer wieder fest umarmt und verspricht, mich bald anzurufen. Eine chaotische und unglaublich heisse Busfahrt später, sind wir in Kampot. Wir sind total erledigt von den letzten doch sehr anstrengenden und emotionalen Tagen und bestellen uns Pizza auf’s Zimmer. Dann schlafen wir.

Am nächsten Tag geht es weiter nach Phnom Penh. Wir treffen uns mit der Stray Gruppe beim Hotel nebenan und fahren dann ca. 4 Stunden (dieses Mal mit Klimaanlage) zur Hauptstadt von Kambodscha. Dort besuchen wir die „Killing Fields“ und das S1 Gefängnis und Museum über den Völkermord, bei dem ein Viertel der Kambodschaner vor gerade einmal 40 Jahren brutalst ausgelöscht wurde.

Nicht nur beschäftigt uns das Gesehene und Gehörte bei den verstörenden Führungen, auch wurden wir noch krank und so verbringen wir darauf viel Zeit im Hotelzimmer.

Was wir von Phnom Penh gesehen haben, war aber nicht wirklich überzeugend. Die Stadt ist stickig und elend heiss, in manchen Strassen häuft sich der Müll zu kleinen Hügeln und wird von einzelnen Menschen durchwühlt.

Das Hardrock Café, sowie ein vegetarisches Restaurant, indem wir veganen Tunfisch, Dumblings und super Nudelsuppe fanden, waren unsere Highlights.

Krank schleppen wir uns am nächsten Tag um 7:30 Uhr auf den öffentlichen Bus für den Grenzübergang nach Vietnam…

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